Dr. med. Viktor Frasch
Russische Rente: Verwirrung und Haushaltspotenziale
Während der letzten 20 Jahre sind etwa 2 Millionen Volksdeutsche aus den GUS- Ländern nach Deutschland heimgekehrt, davon circa 1 Million aus Russland. Etwa 30% von diesen Menschen sind jetzt Rentner oder Vorrentner. Russland ist der einzige GUS-Staat, der die Renten auszahlt oder unter bestimmten Voraussetzungen die in Russland verdienten Renten der Spät- bzw. Aussiedler auszuzahlen bereit ist. Es sollte berücksichtigt werden, dass das Rentenalter auf 55 Jahre für Frauen und 60 – für Männer in Russland begrenzt worden ist. Es sollte auch in Kauf genommen werden, dass die Renten in Russland sehr niedrig sind, insbesondere diejenige von Russlanddeutschen, weil sie wegen Unterdrückungs- und Ausgrenzungspolitik seitens der sowjetischen Behörden gut bezahlte Stellen nicht bekleiden konnten. Jetzt könnten sie Renten von ca. 100 € oder sogar weniger bekommen. Andererseits sind, dem Fremdrentengesetz gemäß, die Berufsjahre der heimgekehrten Deutschen in Deutschland teilweise anerkannt worden – die berüchtigten „25 Punkte“. Das hat zur Folge, dass dieser Personenkreis die offizielle Rente auf Sozialhilfeniveau bekommt, das geschieht häufig – oder sogar darunter. Insofern muss er zusätzliche Hilfeleistungen bei den Sozialämtern beantragen, um den Lebensunterhalt bestreiten zu können.
So entsteht eine sehr pikante Situation, wenn eine Person in der BRD theoretisch zwei Renten für fast die gleichen Berufsjahre (russische und deutsche) erhalten kann, und dies erfolgt manchmal sogar auf Kosten des Sozialamtes. Es ist dabei nicht zu vergessen, dass in der BRD jedes Einkommen berücksichtigt werden muss, wenn der Bedürftige Hartz-IV-Leistungen oder Sozialhilfe beantragt.
Es soll versucht werden, einzuschätzen, zu welchen Haushaltslasten diese Sachlage führen kann.
Zurzeit leben in der BRD ungefähr 300.000 Bürger russlanddeutscher Herkunft, die im Rentneralter sind. Dazu sollten vielleicht auch noch ungefähr 50.000 alte „Kontingentflüchtlinge“ jüdischer Herkunft gezählt werden, die fast alle sozialhilfebedürftig sind. Insgesamt geht es um mehrere Hunderttausende ehemaliger sowjetischer Bürger, die hier, in der BRD, leben und Anspruch auf russische Renten erheben können.
Wenn also diese ungeheuren wirklich durch die ehemaligen Sowjetbürgern verdienten Gelder in die Renten- und/oder Sozialtöpfe Deutschlands einfließen könnten, würde Deutschland viel Geld sparen, womit es, insbesondere in Zeiten der Finanzkrise, rechnen sollte.
Seit längerer Zeit schon versuchen die deutschen Behörden, besonders die Sozialämter, sich in dieser Situation zurechtzufinden. Sie fordern Informationen über mutmaßliche russische Renten der Antragsteller an.
Es müssen bei etwaigen Rentnern unzählige Hindernisse überwunden werden, um an Datenbanken über die Pensionsgrößen der ehemaligen sowjetischen bzw. russischen Bürger zu gelangen und in der Folge darüber Informationen zu bekommen.
Den russischen Gesetzen entsprechend muss man nicht nur die russische Staatsangehörigkeit beibehalten, sondern auch im Besitz eines gültigen russischen Passes sein. Und dieses „Vergnügen“ ist nicht billig: momentan etwa 500 EUR. Dazu kommen noch zahlreiche kostspielige Formalitäten wie die Erneuerung dieses Passes alle 5 Jahre, der jährliche Nachweis, dass die Rente beantragende Person noch am Leben ist, usw.
So ist eine höchst widersprüchliche Situation entstanden: die deutschen Behörden möchten, und völlig zu Recht, Anspruch auf den „russischen Rentenanteil“ der Zuwanderer erheben, aber die Umsetzung dieser Ansprüche, insbesondere seitens der schon in Deutschland ansässigen Ruheständler, ist sehr schwierig. Die an der Armutsgrenze das Leben bestreitenden Pensionäre sind nicht im Stande, alle finanziellen und organisatorischen Aufwendungen zu übernehmen, obwohl - wie gesagt - die russische Regierung ‚de jure’ nichts dagegen hat.
Offensichtlich müssten entsprechende Verhandlungen zwischen den russischen und deutschen Seiten, um diese widersprüchliche Situation zu beseitigen, durchgeführt werden.
Es soll auch unterstrichen werden, dass in diesem Fall keine neuen Gesetze erlassen werden müssen; die schon in beiden Ländern existierende Gesetzeslage sollte nur bei der öffentlichen Hand umgesetzt werden.
Die entsprechenden administrativen Strukturen von Russland und Deutschland könnte ein Vertrauensbüro mit dem Standort BRD in die Wege leiten, und der russische Rentenanteil könnte in dieser Zentrale akkumuliert werden, die auch als Infopunkt für Rentenbezieher dienen würde.
Der russische Rentenanteil könnte städtische Haushalte entlasten, was in Zeiten der Finanzkrise sehr wichtig ist.
Die Umsetzung dieses Vorhabens sollte auch bei den Bürgern mit Zuwanderungsgeschichten als wichtiger Sozialauftrag angesehen werden. Ihre gesellschaftlichen Strukturen und Körperschaften sollten den Behörden dazu verhelfen, die schon vorhandenen Gesetze in die Praxis umzusetzen. Das ist unsere Bürgerpflicht!