Nadja Thelen-Khoder
Zum 27. Januar
(und zu Goethes „Über allen Gipfeln ist Ruh’ “)
Da schreit es wieder, mein
geliebtes, gehaßtes Land,
das mir als ewigen Unterpfand
seines Fluches seine-meine Sprache gab.
Da schreit es mich wieder verzweifelt an:
„Was Du weißt, sag` im Nu! Wo war ich,
ich selbst, keinem sonst zu vergleichen?
Wo war ich, auf der Stirn meines Gottes Zeichen?“ (Ibsen, Peer Gynt)
Was soll ich sagen? Sag` ich:
„In meinem Glauben, Hoffen und Lieben
warst Du“ (ebd.) ist`s genauso richtig
wie „In Lidice, Auschwitz und Dachau warst Du“.
„Wo war ich, ich selbst, keinem sonst zu vergleichen?“
In Buchenwald, Majdanek, Treblinka warst Du.
In Sachsenhausen, Ravensbrück, Sobibor warst Du.
In Bergen-Belsen, Flossenbürg und Theresienstadt warst Du.
Über keinem einz`gen Grab ist Ruh`, aus allen
Kaminen dringt er, der unbeschreibliche Rauch.
Warte nicht! Denn: Riechst Du es auch,
dann ist es vielleicht schon zu spät!