Prof. Dr. Carsten Gansel

„Hugo Wormsbechers Erzählung „Unser Hof“, die 1969 entstand und 1984 im Almanach „Heimatliche Weiten“ in Moskau erschien, kann als eine Pionierleistung der russlanddeutschen Literatur gelten. …
Wormbechers Erzählung selbst war bereits 1969 entstanden, aber eine Veröffentlichung wurde erst in den 1980er Jahren möglich. Zwar hatte die Literaturabteilung des ZK der KPdSU Ende der 1960er Jahre den Text, der damals noch den Titel „Vaters Spur“ trug, insgesamt durchaus positiv bewertet, aber der Autor sollte Veränderungen vornehmen, die an die Substanz gegangen wären. 1984 schien es endlich so weit zu sein, das längst überfällige Thema in das kollektive Gedächtnis einzuspeisen. Denn „Unser Hof“ erzählt von den fatalen Folgen der Zwangsrekrutierung in die Trudarmee und geht dem Schicksal einer russlanddeutschen Familie im Zweiten Weltkrieg nach. Zur Sprache kommt damit die Deportation der Russlanddeutschen unter Stalin. Doch auch 1984 war eine Publikation des Textes heikel und konnte für den Autor fatale Folgen haben. ...
Hugo Wormsbecher entscheidet sich, das Geschehen konsequent aus der Perspektive eines Kindes zu schildern. Dass Ereignisse aus der Sicht des kindlichen Erlebens erfasst werden, wird bereits zu Beginn des Textes mit der ersten Kapitelüberschrift deutlich, die „Vatis Fußtapfen“ lautet. Über den kindlichen Ich-Erzähler wird das Trauma einer wolgadeutschen Familie erzählt, die durch die Stalinschen Entscheidungen zugrunde geht. Es beginnt mit dem Verlust der Heimat in der Wolgarepublik, mithin der Deportation der Familie in einen Teil der Sowjetunion, der ungenannt bleibt. …
Mit der Erzählung „Unser Hof“ hat Hugo Wormsbecher einen herausragenden Text geschaffen, der in den Kanon der deutschen wie der russischen Literatur gehört.“

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