«Aktualisierung» gestoppt! - Aber Assimilierung bezahlt Deutschland weiter?
(Über die XXII. Sitzung der Regierungskommission
«für die Angelegenheiten der Russlanddeutschen»)
Na, sollen denn die Menschen weiterhin auf dem Müllberg hausen?..
– In einem Monat bitte die Frage lösen!
W. Putin
I
Am 23.-24. Mai 2017 fand in Deutschland, Bayreuth (Bayern), die XXII. Sitzung der Deutsch-Russischen Regierungskommission für die Angelegenheiten der Russlanddeutschen unter Co-Vorsitz des Leiters der Föderalen Agentur für Nationalitätenangelegenheiten Igor Barinow (von der russischen Seite) und des Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten Hartmut Koschyk statt.
Die Regierungskommission wurde vor 25 Jahren gemäß «Protokoll über die Zusammenarbeit zwischen der Regierung der Russischen Föderation und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland zur etappenweisen Wiederherstellung der Staatlichkeit der Russlanddeutschen» gebildet. Demnach könnte man also meinen, die bilaterale Kommission dürfte dieses Jahr ihre Silberhochzeit feiern. Die Feierlichkeiten fanden aber nicht in der wiederhergestellten Republik statt (25 Jahre waren dazu wohl eine viel zu kurze Zeit! Oder wurde eine politische Abtreibung vorgenommen?). Sie fanden auch nicht in dem Land statt, in dem beschlossen wurde, die Staatlichkeit wiederherzustellen (nachdem zwei Drittel des Volkes aus dem Land hinaus gestoßen wurden, war es nicht so einfach, sich festzulegen, wo denn dies getan werden soll?). Und bei diesem Jubiläum ihrer Unfruchtbarkeit haben die beiden Seiten die Wiederherstellung der Staatlichkeit mit keinem Wort erwähnt (haben sie denn ein Vierteljahrhundert danach vergessen, wozu sie eigentlich in Kontakt getreten sind?).
Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass noch keine Sitzung dieser Kommission mit solchen Erwartungen und Besorgnissen seitens der Russlanddeutschen verbunden war. Und dies ist auch verständlich: Schon 76 Jahre lang warten sie auf ihre Rehabilitierung, schon vor 26 Jahren wurde in Russland das Gesetz «Über die Rehabilitierung repressierter Völker» verabschiedet, schon vor 25 Jahren wurde das russisch-deutsche Protokoll über die Wiederherstellung ihrer Staatlichkeit unterzeichnet, und schon so viele Jahre wird von der Kommission im Schweiße ihres Doppel-Angesichts dieses Protokoll umgesetzt – Es muss doch endlich etwas das Licht der Welt erblicken, wenn von den Seiten überhaupt etwas erzeugt werden kann! Oder hat sich diese Ehe als fruchtlos entpuppt? Und haben «Elternteil Nr. 1 und Elternteil Nr. 2» zwar ihre Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, für Russlanddeutsche Sorge zu tragen, aber blieben sie bei der Besprechung des Kindergeldes stecken?
Erwartungen wurden auch durch eine nie dagewesene Heimlichtuerei rund um die Vorbereitung auf dieses Treffen erhitzt, beinahe wie im Vorfeld der Teheraner Konferenz im Jahr 1943: Von der russischen Seite nirgendwo ein Wort über die Tagesordnung; die Zusammensetzung des russischen Teils der Kommission wurde nicht, wie gewöhnlich, einen Monat zuvor von der Regierung bestätigt, sondern erst am Abschlusstag der Sitzung (hat das zu bedeuten, dass die «russische Seite» nicht legitim war?) und erst zwei Tage nach der Abreise aller Kommissionsmitglieder veröffentlicht. Also, es muss doch etwas faul im Staate Dänemark sein, wenn einer routinemäßigen Sitzung der Kommission der Status eines solchen Staatsgeheimnisses verliehen wird!
Daher wirkten besonders aufregend die Gerüchte darüber, dass diesmal die Regierungskommission in Besetzung von besonders hochgestellten Amtspersonen ans Werk geht und dementsprechend solle man sich auf nicht standardmäßige Entscheidungen gefasst machen. Und wenn man berücksichtigt, dass von der russischen Seite schon seit mehreren Jahren auf die Notwendigkeit hingewiesen wird, das Protokoll «zu aktualisieren», das heißt zu überprüfen, genauer gesagt, die maßgebende Bestimmung über die Wiederherstellung der Staatlichkeit aus dem Protokoll herauszunehmen (Als Vorzeichen konnte «der Erlass des Präsidenten der RF» vom 31. Januar 2016, Nr. 34 gewertet werden), so könnte die erhöhte Besorgnis der Russlanddeutschen durchaus verständlich sein. W. F. Baumgärtner (Präsident des Internationalen Verbandes russlanddeutscher Vereinigungen) hat die beiden Seiten in einem Schreiben unmissverständlich gebeten, klare Kante zu zeigen, aber vergebens: In den «Angelegenheiten der Russlanddeutschen» «werden die Unseren von Russen nicht ausgeliefert». Und die deutsche Seite (als Ergebnis einer solchen Konvergenz?) hat sich wohl auch dafür entschieden, ihre Aktivitäten «zugunsten der Russlanddeutschen» nicht sonderlich zur Schau zu tragen – Man weiß ja nie?
Unter diesen Umständen hat unsere initiative «Expertengruppe für die Angelegenheiten der Russlanddeutschen», die kurz vor der Einberufung der Kommission gebildet wurde, sich zum Ziel gesetzt, ihr ein Stück Arbeit abzunehmen. Und so hat sie vollkommen unentgeltlich die Situation aus ihrer Sicht für die Kommission ausgewertet. Sie hat sogar das «Alternative Kommuniqué-Projekt» für das künftige Treffen vorbereitet: Unterzeichnen Sie es doch mal, und lehnen Sie sich in den Strahlen des eigenen Ruhms und der ewigen Dankbarkeit der Russlanddeutschen zurück. «Der offene Appell» an die Regierungskommission mit diesen Initiativen wurde in zwei Sprachen verfasst und an beide Seiten versendet, den Aktivisten zugestellt, ins Internet gestellt; in der renommierten Zeitung «DipKurier / Russlanddeutsche Allgemeine» (Chefredakteur K. Ehrlich) wurden innerhalb von zwei Tagen mehr als 100 Einzelunterschriften, darunter auch die mehrerer bekannter Russlanddeutschen, und eine Kollektivunterschrift im Namen von 1300 Personen, gesammelt.
Im «Appell» wurde die Kommission unter anderem aufgefordert, zur Lösung ihrer Hauptaufgabe zurückzukehren, von der sie sich so weit entfernt hat, also, zur Wiederherstellung der russlanddeutschen Staatlichkeit; sie wurde aufgefordert, keine Auswechselung der Interessen des Volkes gegen eigennützige Interessen der Projektträger zu zulassen; sie wurde ferner aufgefordert, sich jeweils an die russische und deutsche Regierung mit dem Vorschlag zu wenden, die Politik gegenüber den Russlanddeutschen, die den Belangen des Landes widerspricht, die Ungleichheit ihrer Völker beständig macht, den Geist und den Buchstaben seines Grundgesetzes, Normen des Völkerrechts, der Gerechtigkeit, der Menschlichkeit und des gesunden Menschenverstandes missachtet und, im Grunde genommen, die 1941 begonnene Politik der Repressalien und der Diskriminierung gegenüber den Russlanddeutschen fortsetzt, endlich zu überprüfen.
Also, die lang erwartete Sitzung hat stattgefunden. Und auch das offizielle Kommuniqué wurde unterzeichnet. Was haben denn Russlanddeutsche als Antwort auf ihre Erwartungen und ihre Bestrebungen, ihren beiden „Eltern“, vertreten durch doppelgesichtige Regierungskommission, zu helfen, erhalten?
Man kann sagen, dass es zwei Neuigkeiten gibt: Eine gute, die andere von denen, die zwar schlimmer sein können, aber selten. Fangen wir, also, guten Mutes, mit der guten Neuigkeit an.
***
Unter Berücksichtigung langjähriger Besorgnisse, die sich in der Vorahnung der drohenden nationalen Katastrophe verstärkt haben, lässt sich die «gute Neuigkeit» sogar als sehr gut bezeichnen: DIE «AKTUALISIERUNG» WURDE GESTOPPT! Das heißt, es ist den Gegnern der Wiederherstellung der Staatlichkeit nicht gelungen, sie von der Tagesordnung abzusetzen! Im Kommuniqué selbst wird sie mit keiner Silbe erwähnt, aber das Kommuniqué enthält auch keinen einzigen Hinweis darauf, dass diese Angelegenheit ad acta gelegt ist, und dies, geben Sie doch zu, ist für uns, die nicht mit Freuden verwöhnt sind, schon eine große Freude! Dies hat Waldemar Eisenbraun, Vorsitzender der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Sitzungsteilnehmer und Mitglied des deutschen Teils der Regierungskommission, in aller Offenheit in einer kleinen, in der Verbandszeitung „Volk auf dem Weg“ (2017/06) erschienenen Mitteilung erstmals zum Ausdruck gebracht:
«Während der 22. Sitzung der Russisch-Deutschen Regierungskommission für die Angelegenheiten der Russlanddeutschen wurde die Absicht geäußert, das Grundprotokoll zu ändern. In diesem Zusammenhang habe ich zu verstehen gegeben, dass die etappenweise Rehabilitierung der Russlanddeutschen als dessen Kerngedanke unverändert bleiben soll».
Diese knappen Worte verdienen die größte Aufmerksamkeit. Warum?
1. W. Eisenbraun ist nicht schlichtweg ein Russlanddeutscher, er ist Leiter der ältesten und bis heute der größten Organisation der Russlanddeutschen in Deutschland.
2. Solche Erklärungen können nicht als eigene Meinung definiert werden, sie bilden den Standpunkt einer Organisation, ihrer Mitglieder. Und wenn man bedenkt, dass sich die Landsmannschaft in dieser Angelegenheit jahrelang in Schweigen gehüllt hat, ist der Stellenwert dieser Erklärung kaum zu überschätzen.
3. Diesmal gehörten zum deutschen Teil der Regierungskommission, außer W. Eisenbraun, zwei weitere, nicht einfache Russlanddeutsche: Mitglied des Deutschen Bundestages Heinrich Zertik und Vorsitzender der Jugendorganisation der Landsmannschaft Walter Gauks. Es ist kaum anzunehmen, dass der vom Vorsitzenden der Landsmannschaft geäußerte Standpunkt mit ihnen nicht abgestimmt wurde.
4. Es ist bekannt, dass diese drei Mitglieder der Regierungskommission aktiv damit beschäftigt sind, Kontakte zum Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Co-Vorsitzenden der Regierungskommission von deutscher Seite, Hartmut Koschyk zu pflegen. Und man kann sich schwer vorstellen, dass diese Erklärung ihm völlig überraschend kam.
5. Einige Tage vor der Sitzung der Regierungskommission wurde eine repräsentative Gruppe der Russlanddeutschen in Deutschland, drei künftige Sitzungsteilnehmer inklusive, von der Bundeskanzlerin Angela Merkel empfangen. Mit Genugtuung haben Teilnehmer dieses Treffens festgestellt, dass es im Geiste der völligen gegenseitigen Verständigung stattgefunden hat.
6. Schließlich sind in der Politik alle Initiativen, Erklärungen und Entscheidungen immer als Ergebnis einer längeren Abfolge der Ereignisse, als Resultat langwieriger Arbeit, als Ausdruck ernstzunehmender Interessen, von wem sie auch vertreten mögen, zu werten. Es ist uns wohl bekannt, welch eine große Arbeit von russlanddeutschen Aktivisten, deren Organisationen und schlichtweg von den Menschen, denen das Schicksal des Volkes nicht egal ist, in den vergangenen Jahren durchgeführt wurde: in ihren Organisationen, in den medialen Stellungnahmen, den heftigen Internet-Diskussionen, den Appellen an die oberste Führungsspitze bis hin zu den Staatschefs beider Länder im Hinblick auf die Rehabilitierung. Und so kann man mit Fug und Recht behaupten, dass unsere «gute Neuigkeit» ein wichtiger Meilenstein dieser Arbeit, ein Verdienst von abertausenden Menschen ist. Eine andere Entscheidung wäre übrigens gesetzwidrig: Sie stünde in Widerspruch zum auf dem Territorium Russlands geltenden Gesetz «Über die Rehabilitierung repressierter Völker».
II
Und was hat es mit der «schlimmen Neuheit» auf sich? Die schlimme Neuheit ist das offizielle Kommuniqué selbst. Es ist so weit von den langjährigen Erwartungen des Volkes, die im „Alternativen Kommuniqué“ (von dem man nach Ansicht eines Aktivisten „Gänsehaut kriegt“) zum Ausdruck gebracht wurden, entfernt und ist eine so höhnische Antwort auf diese Erwartungen, dass man von ihm geradezu physisch angewidert wird.
Das Kommuniqué hat gezeigt, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die «Russische Seite», das heißt, das Hauptsubjekt bei der Umsetzung von Gesetzen, Beschlüssen und Vereinbarungen über die Rehabilitierung der Russlanddeutschen, tief in die Grube abgerutscht ist, in die sie auch die «Angelegenheiten der Russlanddeutschen» hineingebracht hat. In dieser Grube drehen sich die Räder der festsitzenden Kutsche ab und zu weiter, der Motor heult hin und wieder auf und der Jahresbedarf an Brennstoff wird auch verbraucht, aber es geht keinen Schritt voran und die Grube wird nur immer tiefer. Und die Nebelwand mit viel Tamtam nimmt an Dichte immer zu. Und es werden immer neue Versuche unternommen, das «erreichte» Festsitzen in der Grube für ein irgendwann einmal gestecktes hehres Ziel auszugeben. Es sind sogar Versuche, dieses Festsitzen für die einzige derzeit mögliche «Lösung der Frage» auszugeben. Und dabei deren Finanzierung fortzusetzen, und zwar, in einer für die Russlanddeutschen fortwährenden erniedrigenden Proportion: Von russischer Seite etwas «nach Möglichkeit», und von deutscher Seite das Mehrfache: nicht für die durch Gesetze und Vereinbarungen vorgesehene «etappenweise Wiederherstellung der Staatlichkeit», sondern zur Förderung der berufsmäßig hantierenden Auftrags-Sussanins, die sich einst bereit erklärt haben, diese Russlanddeutschen in die lichte Zukunft zu führen, sie aber offenbar in die falsche Richtung gelotst haben. Darüber grinst beinahe jede Kommuniqué-Zeile. Zur Bestätigung seien einige Zitate mit Anmerkungen angeführt, auf die man schlichtweg nicht verzichten kann.
„Die Kommission bewertete die von beiden Seiten durchgeführten Fördermaßnahmen für die Russlanddeutschen im Jahr 2016 als positiv (und wie werden sie von Russlanddeutschen selbst bewertet, wurde dies von der Kommission ermittelt?), die Maßnahmen führten zur Stabilisierung der ethnokulturellen Entwicklung der Russlanddeutschen («Stabilisierung» bei ausbleibender Lösung ihrer Aufgaben – ist es gut so?). Es ist gelungen, den Konsolidierungsprozess der Selbstorganisation der Russlanddeutschen zusätzlich zu stärken (hat denn die familiäre «Selbstorganisation» einen Riss bekommen?).
Eine Erweiterung des Spektrums der Tätigkeit der Kommission eröffnet neue Möglichkeiten für die russisch-deutsche Zusammenarbeit, für die Entwicklung der Volksdiplomatie und der Zivilgesellschaften beider Länder sowie für die Ausweitung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. (Es ist eine solche Afterphilosophie, dass man das Gefühl hat, der offizielle Kommuniqué-Text wurde von A bis Z vom IVDK erstellt… Und noch etwas: schafft «die Erweiterung des Spektrums» «neue Möglichkeiten» auch für die Rehabilitierung der Russlanddeutschen?)
Der Präsident der FNKA der RD, H. Martens, berichtete, dass der IVDK im Rahmen der Umsetzung der Beschlüsse der 21. Sitzung der Regierungskommission im Interesse der Russlanddeutschen und ihrer Nachbarn in 54 Regionen der RF (d.h. also, für die Hälfte der Bevölkerung Russlands) ca. 4.500 Projekte organisierte und durchführte. (Wie viele «Nachbarn» wurden denn in die Massenszenen und im Sinne einer guten Rechenschaftslegung involviert? Konnten «Drahtzieher» unter ihnen ermittelt werden?)
Die Arbeit zur Ausbildung einer sozialökonomischen Basis der Selbstorganisation der Deutschen Russlands sei fortgesetzt worden. (Heißt das, dass die «Basis» der familiären Arbeitsgemeinschaft noch nicht ausgebildet ist? Welch ein Maß an „Hilfe für Russlanddeutsche“ braucht sie noch?). Die Jugendorganisation hat schon ein sehr hohes Niveau in ihrer Arbeit erreicht und ist ausreichend für die effektive Lösung der gestellten Aufgaben vorbereitet. (Aufgaben zur Verhinderung der Rehabilitierung?)
Beide Seiten bestätigen, dass der Internationale Verband der Deutschen Kultur, die Föderale National-Kulturelle Autonomie und der Deutsche Jugendverband die volle Verantwortung für die Planung, Ausführung und Finanzierung aller Projekte, die aus Mitteln des BMI finanziert werden, zur Unterstützung der Russlanddeutschen in der Russischen Föderation tragen. (Es fällt wohl einer einzigen Familie nicht einfach, Verantwortung für die Aktivitäten von, man denke und staune, zwei Staaten zu tragen! Oder werden sie durch Finanzierung durch BMI zu einer Heldentat beflügelt? Und noch etwas: «Verantwortung» für die Auswechslung der Rehabilitierung des Volkes gegen Familien-Business wird von dieser Dreifaltigkeit nicht getragen?)
Die Kommission schätzt die Tätigkeit der Föderalen Selbstorganisation der Russlanddeutschen und der dazugehörenden Föderalen Autonomie, des Internationalen Verbandes Deutscher Kultur und des Deutschen Jugendverbands sehr hoch ein und stellt fest, dass beide Seiten in der Selbstorganisation einen zuverlässigen und verantwortungsvollen Partner haben, der nicht nur die Befriedigung ethno-kultureller Bedürfnisse der russischen Bürger deutscher Nationalität fördert (worin zeigt sich denn die Zuverlässigkeit dieses „Partners“ und womit fördert er denn?), sondern auch die richtige Balance zwischen ethno-kultureller und gesellschaftlicher Identität gefunden hat (das heißt zwischen Widerstand gegen die Rehabilitierung und Förderung einer totalen Assimilation?) und einen Beitrag für die Aufrechterhaltung des Friedens zwischen den Nationalitäten sowie die Eintracht in Russland leistet. (Mit einem Wort, Ende Gelände für Russland ohne H. Martens und seine Multi-Stellvertreterin О. Martens?! Und das soll Niveau eines offiziellen Regierungsdokumentes von zwei Staaten sein?!)
Die Regierungskommission bittet die deutsche Seite, die Frage der Übergabe des Deutsch-Russischen Hauses in Moskau an die Selbstorganisation der Russlanddeutschen zu erörtern (das heißt auch das Deutsch-Russische Haus, das vor einem Vierteljahrhundert von deutscher Seite mit Zustimmung der russischen Seite für die föderalen gesellschaftlichen Organisationen der Russlanddeutschen erworben, renoviert und ausgerüstet wurde, aus dem sie schon seit längerer Zeit verdrängt sind und in dem schon lange eine «Werkvertragsselbstorganisation» herumwirtschaftet, soll nun «zur Stärkung der wirtschaftlichen Basis» der Familie übergeben werden?).
Die beiden Seiten nahmen Informationen des Präsidenten des IVDK der RD H.H. Martens zur Kenntnis (waren denn „Informationen“ von irgendjemand auf der Sitzung zulässig?), demzufolge die Arbeiten an dem Maßnahmenkonzept (-komplex) zur ethnokulturellen und sozialökonomischen Entwicklung der Russlanddeutschen auf der Grundlage und in Erfüllung des Erlasses Nr. 34 des Präsidenten der Russischen Föderation vom 31.01.2016 (d.h. des Erlasses über den Ausschluss der Ziele und Aufgaben aus dem Namen der Regierungskommission, der Worte über die „Wiederherstellung der Staatlichkeit der Russlanddeutschen“ - Welche „Entwicklung“ hat er denn anvisiert? Und wird dieser Erlass auch von Martens umgesetzt?) zum Zwecke der sozialökonomischen Entwicklung der Russlanddeutschen in den Regionen und der Weiterentwicklung der deutsch-russischen Zusammenarbeit bei Fragen der Unterstützung der Russlanddeutschen abgeschlossen sind. (Hat denn niemand auf dieser Sitzung beim Anhören dieser zunehmenden Afterphilosophie die Ohrwascheln im Dreieck hüpfen lassen? Haben alle sie wohlbehalten nach Hause getragen?) Der Konzeptentwurf wurde von den Beratungsgremien des IVDK und des FNKA bewilligt (d.h. von der Familie wurden ihre eigenen Vorschläge zur Stärkung ihrer «wirtschaftlichen Basis» und zur Umsetzung des «Erlasses Nr. 34» gebilligt?) und wird gegenwärtig in Übereinstimmung mit dem in der Selbstorganisation üblichen demokratischen Verfahren (seit wann denn sind in der «Selbstorganisation», in der schon seit Jahren das Wort «Rehabilitierung» tabu ist, «demokratische Verfahren» zulässig?!) in den regionalen gesellschaftlichen Organisationen der Russlanddeutschen diskutiert (auch in den regionalen Nationalen Kulturautonomien, die sich geweigert haben, der «Selbstorganisation» beizutreten?).
Beide Seiten nahmen Informationen der Ersten stellvertretenden Vorsitzenden des IVDK, Frau Olga Martens, über die 2016 durchgeführten und für 2017 geplanten deutschrussischen Gemeinschaftsprojekte zur Kenntnis. (Können denn die Hohen Seiten selbst über diese Projekte nicht reden?)
Unter Stützung auf Initiativen Russlanddeutscher in Russland und in Deutschland, einschließlich deren Familienangehörigen, werden beide Seiten neue Formen des Zusammenwirkens suchen, die der Erhöhung der Attraktivität der Subjekte der Russischen Föderation dienen sollen. (Haben denn die Seiten zufälligerweise keine Absicht, «neue Formen» zu suchen, die der Wiederherstellung der Staatlichkeit der Russlanddeutschen dienen sollen?)
Die Kommission erachtet als einen weiteren wichtigen Bereich die Festigung und Ausweitung der Arbeit der Kultur- und Geschäftszentren der Russlanddeutschen „Deutsch-Russische Häuser“ nicht nur im Bereich der Kultur, sondern auch in Fragen der Anbahnung von geschäftlichen Beziehungen zwischen den Unternehmen beider Länder unter Teilnahme von Russlanddeutschen und unter Berücksichtigung der Interessen der Regionen einschließlich der deutschen nationalen Rayons. (Und warum kann man denn nicht endlich ein „Kultur- und Geschäftszentrum“ in Form einer territorialen Autonomie der Russlanddeutschen einrichten, und über ein solches Zentrum nicht kleinkarierte, sondern auf staatlicher Ebene funktionierende wirtschaftliche und sonstige Zusammenarbeit in Gang setzen? Und noch etwas: die heutigen «Kultur- und Geschäftszentren» stellen praktisch eine weitere Auswechslung der primären Aufgaben der Kommission gegen Werkvertragsinteressen der Regionen unter Verdrängung aus dem Prozess sowohl der Russlanddeutschen, als auch derer Kultur. Sehen denn die «Seiten» dies bis heute nicht ein? Oder ist es heutzutage ihr Hauptziel?)
Die Kommission hat die Liste der vom IVDK vorgestellten deutsch-russischen Gemeinschaftsprojekte gebilligt. (Heißt das, dass die Liste von Projekten für Russland und Deutschland gegenwärtig vom IVDK festgelegt wird?)
Die Regierungskommission hat die Bereitschaft des IVDK zur Kenntnis genommen, auch weiterhin eine strenge Kontrolle darüber zu haben, dass zu den Personen und Organisationen, die von der Förderung der Russlanddeutschen profitieren, niemand aus den Sanktionslisten der UNO gehört. (Heißt das, dass sich der Bock bereit erklärt hat, die Kontrolle im Garten zu übernehmen? Wer „profitiert denn sonst so von der Förderung der Russlanddeutschen“, wie der IVDK? Und noch etwas: Wird denn jetzt der IVDK auch seine rechtswidrige Einverleibung der Föderalen Nationalen Kulturautonomie mit strafrechtlich relevanter Fälschung ihrer Gründungsdokumente der UNO offenlegen?)
Aber auch das wäre zu wenig.
«Beide Seiten kamen überein, das gebotene Monitoring der Projekte zukünftig nicht mehr von der GIZ (GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit) ausführen zu lassen. BMI und FADN werden gebeten, zu prüfen, ob eine Beauftragung durch die deutsche Seite einer fachlich geeigneten russischen Organisation zur Kontrolle der Wirksamkeit der Umsetzung des Programms zur Förderung der Russlanddeutschen möglich ist». (Vom hohen Stil wollen wir absehen – es ist geradezu das neue «längste Wort von Mark Twain». Aber es ist nicht möglich, über die entstehenden Fragen hinwegzusehen. Im Einzelnen geht es um Folgendes. Es wäre aufschlussreich, zu erfahren, wer denn eine solche «Bitte» geäußert hat? Vielleicht der IVDK, von dem die GIZ bis heute keinen transparenten Rechenschaftsbericht über den Einsatz deutscher Geldmittel erhalten kann? Und wer wird denn jetzt für diese Kontrolle statt GIZ sorgen? Schon wieder IVDK? Oder hat er schon einen zuverlässigen Anwärter auch für diese «Kontrolle»? Hauptsache aber ist: Ist denn die deutsche Seite in dieser Frage ganz und gar rechtlos? Soll sie jetzt Geld ihrer Steuerzahler für sämtliche Projekte des IVDK gehorsam hinblättern, die von ihm selbst vorgeschlagen, von ihm selbst gebilligt, von ihm selbst umgesetzt und von ihm selbst kontrolliert werden? Sind denn unsere sehr geehrten «Elternteil Nr. 1 und Elternteil Nr.2» «bei der Förderung der Russlanddeutschen» in Person des als «Deutscher Tätigen» H. Martens nicht doch zu weit gegangen? Und ist es denn nicht an der Zeit, Russlanddeutsche selbst in den Prozess, und zwar, in allen seinen Stadien, einzuschalten?)
Im Kommuniqué heißt es auch, dass die Kommission die Situation um das Deutsch-Russische Haus in Kaliningrad erörtert hat; dort wurde die «Gesellschaft für deutsche Kultur und Russlanddeutsche «Eintracht» als ausländischer Agent eingestuft und dort wurde eiligst das „Kultur- und Geschäftszentrum der Russlanddeutschen in Kaliningrad“ gegründet. Ein kleines Detail: Es wurde von demselben H. Martens gegründet. Und von der Kommission wurde diese schicksalsträchtige Bedeutung dieses Details hervorgehoben: «Die Beteiligung folgender gesamtrussischer gesellschaftlicher Organisationen: IVDK, FNKA der RD, JdR (also, derselben familiären „Selbstorganisation“) und Stiftung der Russlanddeutschen „Wiedergeburt“ (gegründet gleichfalls von denselben IVDK, FNKA der RD, JdR) als Gründer machte es möglich, dem KGZ der RD des Verwaltungsgebietes Kaliningrad einen guten repräsentativen Status zu verleihen und es auf das föderale Niveau zu heben. (Wie erhebend wirkt allein der Name IVDK!)
Und dann: «Beide Seiten werden Anstrengungen für die Übertragung der bislang als Deutsch-Russisches Haus Kaliningrad genutzten Immobilie auf den neugegründeten Träger unternehmen (…). Der IVDK sorgt für eine möglichst breite Beteiligung der Russlanddeutschen aus dem Verwaltungsgebiet Kaliningrad in der Mitgliederstruktur der Assoziation „Kultur- und Geschäftszentrum der Russlanddeutschen in Kaliningrad». (Was soll das, avancierte das «Zentrum» schon zur «Assoziation»? Mit denselben Gründern? Und das gleiche Schicksal wartet landesweit auch auf die anderen Russisch-Deutschen Häuser, Kultur-Geschäftszentren und so weiter und so fort? Wozu tut man denn das? und für wen?)
Beide Seiten begrüßen die anhaltende Verbesserung der Situation im gesellschaftlichen Bereich der Russlanddeutschen des Verwaltungsgebietes Kaliningrad und werden gemeinsam die Initiativen des KGZ unterstützen. («Anhaltende Verbesserung» erinnert sehr an die rechtswidrige Besetzung der FNKA: Damit sich niemand mehr traut, Rehabilitierung auch nur mit einem Wort zu erwähnen? Und noch ein Detail: Am Vorabend der Regierungskommission hat das Gericht in Kaliningrad die Beschuldigungen, «Eintracht» / Deutsch-Russisches Haus sei ein «ausländischer Agent» für unbegründet erklärt. Es ist anzunehmen, dass die Regierungskommission keine Zeit mehr hatte, dies zu berücksichtigen. Oder wollte sie der Unterordnung der regionalen Russisch-Deutschen Häuser und der Kultur- und Geschäftszentren der familiären «föderalen Selbstorganisation» nicht im Wege stehen?
Und noch etwas. Schon nach der Sitzung der Kommission erfolgte in Kaliningrad eine IVDK-Truppenlandung. Vize-Präsidentin der FNKA Faina Glasunowa und IVDK-Koordinator Grigorij Serebrennikow (sicherlich die Russlanddeutschen in zig Generationen - denn in die «Selbstorganisation» nimmt man nur die Russlanddeutschen!) trafen sich mit den in und bei Kaliningrad lebenden Russlanddeutschen, «um die Situation rund um das Russisch-Deutsche Haus zu besprechen»; sie gaben «Antworten selbst auf die schwierigsten Fragen und beruhigten Menschen». Und das IVDK-Vokal- und Instrumentalensemble «АkzeNt» trat in der Stadt im Rahmen eines Festivals auf. Und da drängt sich die Frage auf: 4500 Projekte in 2016 – sind sie auch aus dieser Reihe? Oder hat schon die Umsetzung des IVDK-Konzeptes «in Erfüllung des Erlasses des Präsidenten Nr. 34» begonnen?)...
Wir bitten unsere Leser um Entschuldigung: Uns ist schon lange von diesem fokussierten Schwachsinn übel, aber wir müssen ihn uns eben mit allen Sinnen vergegenwärtigen. Denn dieser Schwachsinn stammt nicht nur von der «Selbstorganisation» selbst, sondern dies ist Schwachsinn, der schon seit 25 Jahren als internationale Zusammenarbeit «zugunsten der Russlanddeutschen» deklariert wird!
Und schließlich das Allerwichtigste:
«Beide Seiten haben die gemeinsame Einsicht in die Notwendigkeit der Aktualisierung des Protokolls aus dem Jahr 1992 (…), ihre Absicht bekräftigt, die Arbeit am Projekt der neuen Regierungsvereinbarung über die Förderung der Russlanddeutschen fortzusetzen. (Sehr geehrte Seiten! Nach dem vergangenen Vierteljahrhundert haben Russlanddeutsche von Ihrer „Förderung“ so sehr den Kanal voll, dass sie Ihnen nur einen Rat erteilen können: Setzen Sie erst einmal die angenommene Vereinbarung um, und nach der Wiederherstellung ihrer Staatlichkeit könnte man sich Gedanken auch über eine weitere Vereinbarung machen!)
Beide Seiten haben vereinbart, im Herbst dieses Jahres auf Arbeitsebene Vereinbarungsprojekte zu erörtern und ein gemeinsames Projekt im Rahmen der Russisch-Deutschen Arbeitsgruppe zu erstellen».
(Da schießen einen schon anderen Gedanken durch den Kopf. Heißt das, die Absicht, die Frage nach Rehabilitierung endgültig ad acta zu legen, bleibt? Das heißt, also, die Absicht, sie auf das Niveau vor Verabschiedung des Gesetzes «Über Rehabilitierung repressierter Völker», vor Unterzeichnung des Protokolls über die Zusammenarbeit zur etappenweisen Wiederherstellung der Staatlichkeit der Russlanddeutschen und vor der Gründung der Regierungskommission zur Umsetzung des Protokolls zurückzuführen? Wenn dem so ist, so wäre es wohl besser, die Frage gleich auf das Niveau von 1941 zu «aktualisieren»? Und Russlanddeutsche nicht als Hehler von Spionen und Saboteuren auf ihren Weizenfeldern während der letzten Ernte, sondern als Spione und Saboteure selbst zu titulieren? Erst recht, weil sie nun jede Menge „Verwandte im Ausland“ haben? Und dann sollte man damit beginnen, Arbeitsarmeelager mit Stacheldraht zu reanimieren – das wird sicherlich preisgünstiger sein, als die Republik wiederherzustellen? «Und Deutschland soll helfen» - so hat einst B. Jelzin die Bundesrepublik aufgefordert, den Anhängern der Autonomien beim Ausgraben von Geschossen auf dem Übungsplatz «Kapustin Jar» zu helfen? Es gibt aber auch eine andere Variante: Wenn schon diese Regierungskommission ihre Idee von der «Aktualisierung», von der sie besessen ist, gar nicht loswerden kann, wäre es nicht einfacher, die Kommission selbst zu aktualisieren – fernab von den «Angelegenheiten der Russlanddeutschen»?)
III
Wie wir sehen, hat die Kommissionssitzung erneut eindeutig unter Beweis gestellt, dass beide Seiten total vergessen haben, wozu diese Kommission überhaupt gebildet wurde. Und immer wieder befassten sich Kommissionsmitglieder ausschließlich mit Projekten für die familiäre «Selbstorganisation» von H. Martens. Und schon wieder werden Russlanddeutsche von der «Russischen Seite» überhaupt nicht wahrgenommen. Sie haben schon so viel Gift und Galle beim Gedanken an eine solche "Vertretung" gespuckt, also, an dieses «Mädchen mit vermindertem sozialem Verantwortungsbewusstsein», das bereit ist, jeden Kunden für gutes Geld zu bedienen und sogar die «Umsetzung des Erlasses Nr. 34» zu übernehmen, mit dem die vollständige Rehabilitierung der Russlanddeutschen unmöglich gemacht wird. Braucht derzeit die «nationale Politik» ausschließlich solche «Mädchen»? Aber was hat es dann mit dieser «nationale Politik» auf sich?
Und noch ein Moment: Das Russisch-Deutsche Haus in Kaliningrad wurde als ein «ausländischer Agent» abgestempelt, weil es mit deutschen Geldern gefördert wurde, so wie es nach dem Zerfall der UdSSR auch bei anderen Organisationen der Russlanddeutschen der Fall war. Geld haben sie ausschließlich mit Zustimmung der Russischen Seite erhalten, der es damals (übrigens wie auch heute) schwer fiel, selbständig etwas «zugunsten der Russlanddeutschen» zu fördern. Aber bei der Abklärung dieser ganzen Geschichte hat sich herausgestellt, dass deutsche Gelder nach Kaliningrad über Moskau und – den IVDK von H. Martens – flossen! Bekanntermaßen hat er sich schon seit längerer Zeit bemüht, "Deutsche von Kaliningrad" seiner "Selbstorganisation" anzuschließen, aber vergebens: Sie blieben in der Assoziation regionaler Nationaler Kulturautonomien, die sich für die Rehabilitierung eingesetzt haben. Und dann wurden «Maßnahmen ergriffen», wie auch früher gegen die Unbeugsamen, denen nicht nur «ausländische», sondern auch inländische Hilfen entzogen wurden…
Und noch eins: Strukturen von H. Martens erhalten seit Jahren deutsche Beträge in Millionenhöhe und er beschäftigt sich dabei seit langem mit super-politischen Fragen: Er legt sich gegen die Rehabilitierung der Russlanddeutschen quer und ist auch mit von der Party, wenn es darum geht, ihre nationale Bewegung zunichte zu machen. Und sind denn seine Strukturen keine «Agenten»? Mehr noch: diejenigen, die von ihm «gefördert werden», werden als ausländische Agenten tituliert; ist er denn selbst kein Agent? Oder ist es für ein solches "Mädchen" nicht von Bedeutung, ob es ein Agent oder kein Agent ist; von Bedeutung ist nur, wessen Agent es ist und wem es Dienstleistungen erbringt?
Vor kurzem haben russische Massenmedien eine aus unserer Sicht sehr gute These des Co-Vorsitzenden der Regierungskommission von Russischer Seite I. Barinow hervorgehoben: «Frieden und Eintracht sind heutzutage im Land ohne Erhalt des einzigartigen Kulturerbes undenkbar, das in den Sprachen der Völker Russlands und in der russischen Sprache aufbewahrt wird». Aber nach der Kommissionssitzung stellt sich die Frage: Ist denn die Fortsetzung der Ungerechtigkeit gegenüber einem Volk der beste Weg zum Frieden und zur Einheit? Oder haben Muttersprache, Kulturerbe der Russlanddeutschen keinen Wert? Und sind sie selbst kein Volk Russlands mehr?
Natürlich gibt es auch Fragen an die deutsche Seite. Sieht sie denn überhaupt nicht, was sich seit mindestens zehn Jahren hier abspielt? Und wenn sie es sieht, warum wird von ihr eine solche Politik befürwortet, die vollkommen in Widerspruch zu den Interessen der Russlanddeutschen, zur internationalen Vereinbarung und zum Protokoll steht? Wurden sie denn nicht von ihr unterfertigt? Ist sie denn für deren Umsetzung nicht mit verantwortlich? Man kann politische Erfahrenheit in ihrer Geduld während der Jelzin-Zeit und in den ersten darauffolgenden Jahren erblicken. Aber warum werden von ihr auch heute so willenlos Kommuniqués unterzeichnet, die nicht einmal eine Andeutung auf die Wiederherstellung der territorialen Autonomie der Russlanddeutschen enthalten, ohne die ihnen gar nichts anderes übrig bleibt, als einer endgültigen Assimilation ausgesetzt zu werden oder in eine unwiderrufliche Auswanderung einzuwilligen? Warum hat sie denn den «Erlass Nr. 34» stillschweigend gebilligt? Einen Erlass, der eindeutig amtlich geprägt ist; einen Erlass, der den Interessen der Staatsdiener und ihrer «Mädchen», aber keineswegs dem Streben nach Wiederherstellung der Gerechtigkeit gegenüber den Russlanddeutschen entspricht? Und warum werden jährlich immer weitere Millionenbeträge für «4500» Seifenoper-Projekte für die fortwährende Assimilation des Volkes von ihr bereitgestellt?
Es fällt einem schon schwer, sich wenigstens einer Äußerung an die Adresse der Mitglieder und der Leiter der Regierungskommission zu enthalten. Sicherlich sind Sie nur Instrumente der «hohen» Politik. Aber Sie verstehen doch, dass nach Ihren Taten als Machtvertreter Ihr Land, die Macht selbst beurteilt wird, ja danach werden Sie selbst beurteilt. Sie verstehen doch, dass die von Ihnen geführte Politik der Ungerechtigkeit gegenüber einem ganzen Volk weder dem Land, noch der Macht, noch Ihnen die Ehre macht.
Und können Sie sich vorstellen, dass andere Völker Russlands bis heute nicht rehabilitiert bleiben, dass sie in gleicher katastrophaler Situation, wie Russlanddeutsche, bleiben? Ohne ihr nationales Zuhause, in alle Winde verstreut, mit zunehmenden Verlusten an ihrer Muttersprache, nationalen Kultur, ihren Bräuchen und Traditionen? Können Sie sich vorstellen, wie sie einer solchen Politik gegenüberstehen würden, die von Ihnen gegenüber Russlanddeutschen durchgeführt wird? Und dann noch Ihre Initiativen hinsichtlich der Absetzung der Frage nach Rehabilitierung überhaupt. Und hinsichtlich derjenigen, die mit Ihrer Unterstützung Geschäfte vor dem Hintergrund der russlanddeutschen Tragödie machen.
Sie können doch auch annehmen, dass sich unter diesen Völkern Menschen finden würden, die eine solche Politik, ein solches Vorgehen der Behörden und Ihre eigene Tätigkeit als eine blutige Beleidigung ihres Volkes, dessen grenzenlose Verhöhnung, mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen, auch für Sie persönlich, empfinden würden.
Wenn Sie nicht fähig sind, den Schmerz beleidigter Völker wie ihren eigenen Schmerz, die Ungerechtigkeit Ihres Staates gegenüber den Völkern wie Ihre eigene Ungerechtigkeit ihnen gegenüber, wie die Bedrohung der Einheit der Völker im Land und des Landes selbst, nachzuempfinden, so haben Sie in der nationalen Politik nichts zu suchen! Wenn Sie aber diesen Schmerz doch nachempfinden, dann denken Sie wenigsten darüber nach, wie diese Ungerechtigkeiten beendet werden könnten.
Und nun die einfachste Frage: Wer kann Sie heutzutage zwingen, eine ungerechte Politik gegenüber einem ganzen Volk durchzuführen, sofern Sie selbst dies nicht wollen?
IV
Also, welche Schlussfolgerungen lassen sich aus den Ergebnissen der hochverehrten Regierungskommission und des offiziellen Kommuniqués ziehen, in dem schon wieder die Wiederherstellung der Staatlichkeit keineswegs erwähnt wird?
Es sind keine sehr erfreulichen Konsequenzen, aber diejenigen, die gewohnt sind, nicht sich über das Schicksal zu beklagen, sondern zu handeln, sollten doch den realen Sachstand kennen. Und er sieht wie folgt aus.
1. Die Regierungskommission hat sich aus dem Organ für die Steuerung der Wiederherstellung der Staatlichkeit der Russlanddeutschen in ein Organ für Verhinderung der Wiederherstellung ihrer Staatlichkeit vollständig umgewandelt.
2. Die Regierungskommission ist von der politischen Tätigkeit im Bereich der Rehabilitierung des Volkes vollständig zur Projekttätigkeit übergegangen, die zur Assimilierung des Volkes führt.
3. Die Regierungskommission hat ihre Bedeutung in ihrer ursprünglichen Eigenschaft völlig eingebüßt und bemüht sich, in einer neuen Eigenschaft Bedeutung zu erlangen: Eindringen in die anderen Bereiche bilateraler Beziehungen sowie Vermittlung im wirtschaftlichen Bereich in Anspielung auf die Belange russischer Regionen. Wenn sie sich aber von ihren primären Aufgaben entfernt, so sollte man dann aus deren Namen (in Ergänzung zum «Erlass Nr. 34») auch die Worte «für die Angelegenheiten der Russlanddeutschen» ausschließen, und das würde wiederum bedeuten, dass sie aufgelöst werden soll.
4. Die Rehabilitierung der Russlanddeutschen hängt heute, wie auch früher, praktisch von Russland, persönlich von seinem Präsidenten, ab. W. Putin hat überzeugend unter Beweis gestellt, dass Interessen Russlands für ihn die oberste Priorität haben. Die Rehabilitierung der Russlanddeutschen liegt gleichfalls im Interesse Russlands; ausgehend davon scheint die Wiederherstellung ihrer Autonomie als eines für das Land aussichtsreichen Clusters mannigfaltiger Zusammenarbeit mit Deutschland durchaus real zu sein.
5. Deutschland entwickelt im Laufe von 25 Jahren der Zusammenarbeit bei der Umsetzung des Protokolls seit H. Kohl und H. Waffenschmidt in politischer Hinsicht weit mehr Initiativen und in finanzieller Hinsicht war und ist sogar tonangebend, aber in punkto Beschlussfassung fuhr es stets im Kielwasser. Gegenwärtig sind Russland und Deutschland an normaler Zusammenarbeit sehr interessiert, so dass jede Anregung von jeder Seite in diesem zähflüssigen, aber herrlichen und beidseitig vorteilhaften Projekt entscheidend werden kann.
6. Heutzutage wurde in Form der «Selbstorganisation der Russlanddeutschen», in enger Verbindung mit Amtspersonen ein System zur Unterdrückung der nationalen Bewegung der Russlanddeutschen und ihrer nationalen Interessen geschaffen, das bei unlauterer Unterstützung der beiden Seiten die alleinige Vertretung der Russlanddeutschen übernommen und Geschäfte anlässlich ihrer Tragödie macht, Aktivitäten zum Erhalt ihrer nationalen Identität simuliert.
7. H. Martens scheint in den Jahren seiner Tätigkeit genug getan zu haben, um ins Visier nicht nur der Kontrollorgane zu geraten. Und wenn es ihm noch einmal gelingt, ihnen mit Hilfe seiner Schirmherrn von beiden Seiten zu entfliehen, so soll er, nachdem er mit seiner «Arbeit als Deutscher» das Gedächtnis an seinen deutschen Vater so bemäkelt hat, seine Geschäfte «zugunsten» eines anderen Volkes fortsetzen, das ihm von der Mentalität her näher ist. Unsererseits aber kann er der Verachtung vom ganzen Volk für den Rest des Lebens sicher sein.
8. Russlanddeutsche haben in den letzten 76 Jahren denkbar mögliche Prüfungen bestanden, aber durch Willensanstrengung war es ihnen gelungen, ihren Schmerz dem Verstand zu unterordnen und schon vor 26 Jahren die Beschlussfassung über die Wiederherstellung ihrer Staatlichkeit durchzusetzen. Der Zerfall des Landes hat die Umsetzung dieses Beschlusses gestoppt, aber viele Russlanddeutsche blieben dem großen Ziel treu. Dank diesen Menschen ist viel getan worden und es wird auch viel für das Volk getan. Mittlerweile gelingt es ihnen, auch die «Aktualisierung» zu stoppen, selbst im Rahmen der Regierungskommission, zu der sie schon lange keinen Zutritt haben. Sie sollen weiterhin tapfer bleiben und ihrem Volk, dem großen Ziel die Treue halten. Möge dieses Ziel bald erreicht sein! Die Wahrheit steht an ihrer Seite, und der Sieg soll ihnen sicher sein!
V
So kam es, dass bald nach der Sitzung der Regierungskommission eine ordentliche Fernsehfragestunde des Präsidenten Russlands stattfand. Nach Überschwemmungen, Bränden, aus alten hinfälligen Baracken wenden sich Menschen, abgequält durch Untätigkeit regionaler Behörden, in letzter Hoffnung an den Präsidenten. Und TV-Teams eilen zu ihnen, um eine direkte Verbindung zum Präsidenten herzustellen. Und der Präsident sieht und hört sie. Und reagiert. Und jemand von Millionen wird Hilfe geleistet, darunter auch einer jungen Frau, der eine falsche Diagnose gestellt wurde, wodurch ihre Krankheit ihr letztes Stadium erreicht hat: Soforthilfe wurde schon am nächsten Tag geleistet.
Russlanddeutsche als Volk haben seit 76 Jahren kein eigenes Zuhause, sie haben nicht einmal halbverfaulte Arbeitsarmee-Baracken, wo sie zum letzten Mal «zusammen» gelebt haben; ihnen wurde schon vor 60 Jahren die Diagnose gestellt: «Gute Arbeit». Dies bedeutet bis heute: ihr eigenes Zuhause, wie den anderen repressierten Völkern, „steht ihnen nicht zu“. Und in all den Jahren hat ihnen kein TV-Team einen Besuch abgestattet. Und nicht ein einziger Appell an den Präsidenten – es gab ja so viele davon! – hat ihn erreicht. Sie erhalten lediglich seelenlose nichtssagende Antwortschreiben von denjenigen, die schon seit Jahren dabei sind, die gefassten Beschlüsse über deren Rehabilitierung «umzusetzen»; die immer wieder versuchen, diese Beschlüsse so weit zu «aktualisieren», bis die Frage nach der Rehabilitierung endgültig ad acta gelegt wird; und von diejenigen, die selbst auf den Sitzungen der Regierungskommission für die «Angelegenheiten der Russlanddeutschen» Russlanddeutsche selbst weder sehen noch hören wollen.
Einen Tag vor der Fernsehfragestunde wandte sich das russische Internet-Portal "NazAkzent" an „den Geschäftsführer der FNKA der Russlanddeutschen Heinrich Martens“: Was für eine Frage würde er dem Präsidenten stellen? Die Antwort fiel schockierend aus:
«Ende Mai fand eine Sitzung der russisch-deutschen Regierungskommission statt. Das war eine denkwürdige Sitzung unter anderem auch darum, dass zum ersten Mal nach vielen Jahren ein ernstzunehmender Schwerpunkt nicht nur auf die Förderung ethnokultureller Eigentümlichkeit der Russlanddeutschen, sondern auch auf den Ausbau sozialwirtschaftlicher Projekte gesetzt wurde. Und ich würde den Präsidenten fragen, was er über die Erweiterung des Tätigkeitsprofils unserer Kommission denkt? Ich würde auch fragen, ob er beim nächsten Treffen mit Angela Merkel dieses Thema anschneiden könnte, damit die wirtschaftliche Zusammenarbeit beider Länder unter Beteiligung der Russlanddeutschen einen weiteren Impuls zugunsten aller Bürger Russlands und Deutschlands erhalten würde».
Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, in welch ein tiefes Nachdenken der Präsident angesichts solcher Fragen «des FNKA-Geschäftsführers» des bis heute nicht rehabilitierten Volkes versinken würde. Er würde sich auch Gedanken darüber machen, wie eilig «Erlass Nr. 35» verabschiedet werden kann, um zu erfahren, ob das ganze Volk psychisch so tief gestört ist, oder vielleicht stimmt etwas nur mit dem «Geschäftsführer» nicht? Man müsste auch «Agententreffs, Losungsworte, Adressen» derjenigen herausfinden, die diesen «Geschäftsführer» als «vertraute Person des Präsidenten» empfohlen haben...
Aber nach der Sitzung der Regierungskommission kann man sich ohne weiteres vorstellen, dass sich Russlanddeutsche über einen «Direkten Draht» zum Präsidenten ohne Vermittler freuen und ihm bei Gelegenheit wenigstens drei folgende Fragen stellen würden.
1. Sehr geehrter Wladimir Wladimirowitsch! Als Einwohner der Siedlung Balaschicha bei Moskau, die seit Jahren verpestete Luft von der dortigen Mülldeponie hinzunehmen haben, Sie kontaktiert haben, haben Sie die Anweisung erteilt, diese Angelegenheit innerhalb eines Monats zu bereinigen, und schon am nächsten Morgen wurde der ein halbes Jahrhundert dauernde Mülltransport dorthin gestoppt. Auf Russlanddeutsche wirken schon drei Vierteljahrhundert lang politische Abfallberge, die mit Abfällen „der nationalen Politik“, darunter auch in Form der «Aktualisierungsideen», immer mehr aufgestockt werden, erstickend. Wann wird denn endlich auch dieser „Mülldeponie“, die das Leben eines ganzen Volkes vergiftet, der Garaus gemacht?
2. Wir haben eine Bitte, die nicht nur Russlanddeutsche betrifft: Die nationale Politik im Land soll, wie Medizin und Bildung, nicht in einen Dienstleistungsbereich dadurch umgewandelt werden, dass sie auf die „Basis der Eigenwirtschaftlichkeit“ umgestellt wird; Werkvertragsstrukturen sollen von der Fassung politischer Beschlüsse hinsichtlich der nationalen Frage ausgeschlossen werden; fremde Hilfeleistungen im nationalen Bereich sollen nur im Interesse eines bestimmten Volkes, aber nicht der Auftragsnehmer von der „nationalen Politik“ gestattet sein.
3. Nichtrehabilitierung der Russlanddeutschen ist im Grunde genommen eine jahrzehntelang dauernde Verhöhnung eines ganzen Volkes, Verankerung eines bereits 1941 geschaffenen Präzedenzfalls der durch den Staat geförderten Ungleichheit der Völker. Wann finden denn diese Verhöhnung und diese mangelnde Gleichberechtigung ein Ende?
Es ist uns klar, dass weder lokale, noch regionale bzw. föderale Organe in der Lage sind, diese Fragen zu lösen. Denn sie liegen ausschließlich in der Kompetenz des Präsidenten. Deshalb sind Sie, auch für einige Millionen Russlanddeutsche nicht nur in der GUS, die letzte Hoffnung.
Hugo Wormsbecher,
Leiter der Expertengruppe für die
Angelegenheiten der Russlanddeutschen
(Moskau – Berlin)
30. Juni 2017