Weitere Erkenntnisse über das Grab des sowjetischen Soldaten in Biesterfeld

Frühere Berichte zu diesem Thema:

http://www.damals-im-osten.de/index.php/aktuelles/52-hier-ruht-ein-russischer-soldat

http://www.afz-ethnos.org/index.php/memorial/114-volkstrauertag-in-bad-pyrmont

Lippische Landes-Zeitung
25. Juni 2021

Spurensuche führt nach Tintrup

Michaela Weiße

     Als Vorsitzender des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Bad Pyrmont ist es Helmut Eichmann ein Anliegen, Schicksale von Opfern des Zweiten Weltkrieges aufzuklären. Der 71-Jährige beschäftigt sich aktuell mit dem Rätsel um den verstorbenen Soldaten, der im Wald bei Biesterfeld begraben liegt.

                                                                                        Helmut Eichmann
                                                                                      Foto: Michaela Weiße

     „Es haben sich weitere Zeitzeugen gemeldet“, freut sich Eichmannüber die Resonanz auf den Bericht. Zwar konnte die Identität des offenbar sowjetischen Kriegsgefangenen noch nicht geklärt werden, jedoch haben die Zeitzeugen neue Erkenntnisse in den Fall gebracht. Eine Spur führt nach Tintrup.
     „Ein Zeitzeuge, der namentlich nicht erwähnt werden möchte, erzählte mir von vier sowjetischen Kriegsgefangenen – drei von ihnen wurden 1945 von SS-Soldaten in Tintrup erschossen“, berichtet Eichmann. Laut des Zeitzeugens habe der vierte Gefangene die Toten auf einer Wiese im Dorf beerdigen müssen. Anschließend sei ihm die Flucht gelungen. „Es ist möglich, dass es sich um den in Biesterfeld begrabenen Soldaten handelt“, sagt der Bad Pyrmonter, der hofft, dazu weitere Informationen von Menschen aus Tintrup und Umgebung zu erhalten. Auch die Stadt Blomberg wird Eichmann bei seinen Recherchen unterstützen und umfassende Einblicke in die Archivunterlagen gewähren, wie Bürgermeister Christoph Dolle erklärt. „Die Aufarbeitung unserer Vergangenheit ist mir persönlich sehr wichtig.“
     Der Soldat, dessen Geschichte Eichmann aufzuklären versucht, ist im Sommer 1945 tot im Wald bei Biesterfeld entdeckt und an Ort und Stelle von drei jungen Männern beerdigt worden. Mit dabei war der erst vor einigen Tagen verstorbene Friedel Hecker aus Biesterfeld. „Ich hatte ihm noch die Erkennungsmarke abgenommen und sie bei Bürgermeister Franz Klocke in Rischenau abgegeben“, erinnerte sich der Zeitzeuge im April dieses Jahres im Gespräch mit der Lippischen Landes-Zeitung. Die Marke, die Auskunft über die Identität des Soldaten geben kann, ist jedoch aktuell nicht auffindbar. „Die Stadt Lügde ist aber sehr bemüht und steht in Kontakt mit dem Kreisarchiv“, weiß Eichmann.
     Von Stacheldraht umzäunte Häuser und Wachen vor den Türen: Daran erinnert sich eine weitere Zeitzeugin, die Kontakt mit Helmut Eichmann aufgenommen hat. Die Niesenerin berichtete ihm von zwei Gefangenenlager in Elbrinxen – ein russisches sowie ein französisches. Die Russen seien jedoch weitaus schlechter dran gewesen, erzählte sie in einem Gespräch mit Helmut Eichmann, das im Internet zu finden ist. Sie hätten den ganzen Tag im Wald arbeiten müssen und nur sehr wenig Nahrung bekommen. Die Franzosen hätten hingegen bei den Familien, auf deren Bauernhöfen sie arbeiteten, essen können. Gemeinsam mit ihrer Schwester habe die Zeitzeugin damals im Auftrag ihres Vaters zwei Mal einen Korb voll Kartoffeln und Speck in das Russenlager gebracht. Die Wachen hätten dies geduldet, erinnert sich die Niesenerin, die damals zehn Jahre alt gewesen ist. Sie vermutet, dass der in Biesterfeld begrabene Soldat möglicherweise aus dem Russenlager in Elbrinxen geflohen ist. Helmut Eichmann hofft, dass sich noch weitere Zeitzeugen melden und sich die Puzzleteile bald zu einem Bild zusammenfügen.
     Der Landesverband des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge Nordrhein-Westfalen lobt das Engagement des Bad Pyrmonters. „Dass Herr Eichmann sich um die Klärung der Identität des Toten bemüht, ist sehr bemerkens- und dankenswert“, erklärt Landesgeschäftsführer Stefan Schmidt. Dies lenke allerdings auch den Blick darauf, dass der Tote kein Einzelfall sei. Die Zahl der Kriegsgefangenen, die – sowohl auf ehemals sowjetischer als auch auf deutscher Seite – als Unbekannte oder ohne Grabzeichen begraben sind, liege mindestens im hohen sechsstelligen, wohl eher im siebenstelligen Bereich.
     Über das Soldatengrab in Biesterfeld sei der Volksbund im Jahr 2016 informiert worden. Damals seien Mitarbeiter des Landesverbandes mit Vertretern verantwortlicher Behörden sowie einem Ansprechpartner der Russischen Botschaft vor Ort gewesen. Es sei vereinbart worden, dass das Grab auf eine Kriegsgräberstätte umgebettet werden soll. Der Grund: Es ist derzeit so abseits gelegen, dass eine regelmäßige Betreuung kaum möglich ist. „Warum die Umbettung bislang nicht erfolgt ist, versuchen wir zu klären“, sagte der Landesgeschäftsführer. Dafür zuständig seien die Stadt Lügde und der Kreis Lippe.
     Auch Helmut Eichmann wird sich weiter engagieren, das Rätsel um den Soldaten zu lösen. Seine Nachforschungen hält er in Videos fest. Diese sind auf dem YouTube-Kanal „Bad Pyrmont Active“ zu finden:

https://www.youtube.com/watch?v=zJvw37N5qB4

https://www.youtube.com/channel/UCitDbRHEWr_Uxt1Gbixvs8w

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